09.02.2023

LkSG: BAFA veröffentlicht neue Handreichung zur Angemessenheit

LkSG: BAFA veröffentlicht neue Handreichung zur Angemessenheit

Das BAFA hat für Unternehmen eine Handreichung zur Angemessenheit und Wirksamkeit der Umsetzung von Sorgfaltspflichten nach dem Lieferkettengesetz veröffentlicht. Damit konkretisiert das Ministerium die Anforderungen des LkSG weiter, nachdem im August 2022 bereits eine Handreichung zur Risikoanalyse nach dem LkSG veröffentlicht wurde.

Seit dem 1. Januar 2023 ist das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft. Nun veröffentlicht das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) eine Handreichung (PDF), wie aus seiner Sicht das Prinzip der Angemessenheit und der Wirksamkeit im LkSG umzusetzen ist:

„Das Prinzip der Angemessenheit setzt den übergreifenden Rahmen für die Umsetzung der Sorgfaltspflichten, die durch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) etabliert werden. Unternehmen sind gefordert, angemessene und wirksame Prozesse zur Umsetzung ihrer Sorgfaltspflichten einzuführen, zu überwachen und weiterzuentwickeln. (…)“ *

(* = Zitat aus: Handreichung „Angemessenheit - Handreichung zum Prinzip der Angemessenheit nach den Vorgaben des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes“, PDF des BAFA, Einleitung, Seite 1 von 30).

Das LkSG fordert von den Unternehmen im Anwendungsbereich also wirksame und angemessene Prozesse zur Umsetzung ihrer Sorgfaltspflichten einzuführen, zu überwachen und weiterzuentwickeln.

Doch … was ist angemessen und wirksam?

Angemessenheit, was heißt das?

Zunächst ist wichtig zu verstehen, dass das LkSG nur eine Bemühenspflicht statuiert, es ist nicht als Erfolgspflicht ausgestaltet. Unternehmen müssen daher nicht garantieren, dass keine Verletzungen in ihrer Lieferkette vorkommen, sondern nur nachweisen, dass sie die Sorgfaltspflichten der §§4-10 LkSG umgesetzt haben. Dazu müssen die Unternehmen solche Maßnahmen ergreifen, die im Rahmen der individuellen Geschäftstätigkeit unter Beachtung der Sorgfaltspflichten angemessen und wirksam gewesen wären.

Kommt es zu einer Verletzung von Rechtspositionen im Sinne des LkSG, stellt sich im Rahmen einer ex-ante-Betrachtung (= aus Sicht von damals) die Frage, ob eine angemessene Maßnahme unterblieben ist oder ob angemessene und wirksame Maßnahmen ergriffen wurden, jedoch wirkungslos geblieben sind. Im letzten Fall würde das Unternehmen nicht belangt werden.

Keine pauschale Angemessenheit möglich

Doch sind damit die Anforderungen an die Angemessenheit noch nicht näher konkretisiert. Angemessenheit ist ein abstrakter Rechtsbegriff. Das heißt, er bedarf der Auslegung. Das LkSG gibt hierfür in § 3 Abs. 2 LkSG eine Reihe von Kriterien vor, die bei der Bewertung zu berücksichtigen sind. So ist Art und Umfang der Geschäftstätigkeit, die Einflussmöglichkeit auf den Verursacher, die für die Lieferkette erwartbare Schwere, Umkehrbarkeit und Wahrscheinlichkeit der Verletzung und die Art des Verursachungsbeitrags zu berücksichtigen.

Die Angemessenheit wurde vom Gesetzgeber nicht konkret definiert, da sich die Lieferketten und auch die Leistungsfähigkeit der Unternehmen erheblich unterscheiden. Zudem zielt das LkSG auf die Vorbeugung von menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Risiken. Was an Vorbeugungsmaßnahmen in Anbetracht der jeweiligen Risiken der Lieferkette und der Möglichkeit der Verhinderung/Verminderung konkret effektiv und zumutbar ist, lässt sich nicht abschließend determinieren und muss im Einzelfall entschieden werden.

Deshalb schafft die Angemessenheit einen Ermessens- und Handlungsspielraum für Unternehmen, um den Fokus ihrer Maßnahmen auf die Risikoschwerpunkte ihrer Lieferkette auszurichten und so effektiv wichtige Rechtspositionen zu schützen. Das heißt jedoch nicht, dass nicht alle Rechtsgüter des LkSG von jedem Unternehmen zu beachten sind, sondern nur, dass die Unternehmen die Schwerpunkte und Reihenfolge von Maßnahmen anhand sachlicher Gründe selbst festlegen können.

Angemessen kann nur sein, was wirksam ist

Eng verknüpft mit der Angemessenheit ist die Wirksamkeit der Maßnahmen. Gemäß §4 Abs. 2 LkSG sind Maßnahmen wirksam, wenn sie es ermöglichen, Risiken zu erkennen und zu minimieren sowie Verletzungen zu verhindern, zu beenden oder zu mildern. Es gilt ebenfalls eine ex-ante-Betrachtung.

Daraus folgt auch, dass eine schon aus ex-ante-Perspektive unwirksame Maßnahme niemals angemessen sein kann. Deshalb stellt die Wirksamkeit einen vorgelagerten Filter dafür dar, aus welchen Maßnahmen anhand der Angemessenheitsüberlegung ausgewählt werden kann.

Wurden Maßnahmen ergriffen, muss regelmäßig geprüft werden, ob die ergriffenen Maßnahmen auch weiterhin wirksam sind.

JM

Unsere Empfehlungen:

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, kurz Lieferkettengesetz oder LkSG, ist die erste deutsche Regelung zur unternehmerischen Verantwortung in der Lieferkette. Für große Unternehmen trat es am 1. Januar 2023 in Kraft. Doch auch mittelgroße Unternehmen mit mindestens 1.000 Mitarbeitern werden ab 2024 unter das LkSG fallen. Um die gesetzlichen Grundlagen zu kennen und um die Pflichten aus den deutschen und den europäischen Lieferkettengesetzen umzusetzen, braucht es Fachwissen etwa über die Implementierung von Abläufen, Berichts- und Dokumentationsverfahren sowie Risikomanagementsystemen. Nutzen Sie hierfür die Fort- und Weiterbildung mit den Experten der Hamburger Zollakademie in praxisnahen Seminarangeboten.

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