29.09.2022

Zoll: SMEI koordiniert den Binnenmarkt besser bei Notfällen

Zoll: SMEI koordiniert den Binnenmarkt besser bei Notfällen

Die Europäische Kommission hat am 19. September 2022 ihr neues Notfallinstrument für den Binnenmarkt (sog. SMEI) präsentiert. Ergänzend zu anderen Legislativmaßnahmen soll das SMEI in Krisensituationen den freien Waren-, Dienstleistungs- und Personenverkehr sichern. Ziel ist, lebenswichtige Waren und Dienstleistungen bei künftigen Notfällen - auch zum Schutz der Menschen - für die Bürger und die Unternehmen EU-weit verfügbar zu halten und die Mitgliedstaaten besser als zuvor koordinieren zu können. Dabei wird die Angemessenheit der Reaktion daran bemessen, in welcher Phase sich das Geschehen befindet.

Welchen Hintergrund hat das neue Notfallinstrument SMEI?

Für die Europäische Union hat der Binnenmarkt eine immense Bedeutung, da er einerseits den Unternehmen Sicherheit und den Zugang zum weltweiten Markt ermöglicht und den Bürgern der EU andererseits Zugang zu hochwertigen bzw. lebenswichtigen oder gar schützenden Waren und Dienstleistungen gewährt.

Infolge der COVID-19-Pandemie wurden allerdings strukturelle Mängel bei dem Krisenmanagement deutlich. So kam es beispielsweise aufgrund diverser Einreisebeschränkungen und Versorgungsunterbrechungen zu einer Zersplitterung des Binnenmarktes. Schlussendlich führten die Störungen des freien Waren-, Dienstleistungs- und Personenverkehrs, ihre wirtschaftlichen Kosten und Verzögerungen, in Summe zu vielen Beeinträchtigungen der Krisenreaktion.

Aufgrund dieser Ereignisse schlussfolgerte der Europäische Rat am 1. und 2. Oktober 2020, dass diese strukturellen Mängel bei der Bewältigung von künftigen Krisensituationen bekämpft werden müssen.

Daraufhin gab die Europäische Kommission im Mai 2021 bekannt, ein eigenes Instrument zur Sicherung des freien Waren-, Dienstleistungs- und Personenverkehrs entwickeln zu wollen. Dieses Vorgehen unterstützte das Europäische Parlament. Nach umfassenden Konsultationen, Umfragen und Workshops hat die EU-Kommission am 19. September 2022 ihr neues Notfallinstrument SMEI präsentiert.

Ziel von SMEI für den Binnenmarkt: die Mitgliedstaaten bei künftigen Krisen besser zu koordinieren

Ziel des neuen Notfallinstruments für den Binnenmarkt (SMEI) ist es, den freien Waren-, Dienstleistungs- und Personenverkehr sicherzustellen und so die Verfügbarkeit westlicher Waren und Dienstleistungen auch in Krisensituationen für die Bürger und Unternehmen EU-weit zu gewährleisten. In Krisen soll nicht mehr durch improvisierte Ad hoc-Maßnahmen gehandelt werden, sondern durch strukturelle Lösungen für den Binnenmarkt. Dieses Ziel soll durch folgende Maßnahmen erreicht werden:

Zunächst soll der Binnenmarkt durch einen neu entwickelten Mechanismus überwacht werden, um so die unterschiedlichen Risikoniveaus zu ermitteln und dementsprechend eine angemessene Reaktion zu koordinieren. Die Angemessenheit der Reaktion richtet sich unter anderem danach, in welcher Phase sich das Geschehen befindet. In der ersten Phase, der Eventualfallplanung, ermöglicht dieser Mechanismus den Mitgliedstaaten und der Kommission, ein Koordinierungs- und Kommunikationsnetz für verstärkte Versorgung zu etablieren.

In der nächsten Phase kann die Kommission den Überwachungsmodus aktivieren. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass eine Gefährdung für den Binnenmarkt ermittelt wird. Die dritte Phase, der sogenannte Notfallmodus, tritt ein, wenn eine Krise mit weltweiten Auswirkungen auf den Binnenmarkt eintritt. In diesem Fall aktiviert der Europäische Rat den Notfallmodus und Vertreter der Kommission und der Mitgliedstaaten werden als Beratungsgruppe eingesetzt, bewerten die Situation und empfehlen eine für die Situation geeignete Maßnahme.

Befindet sich der Binnenmarkt im Überwachungsmodus, so sollen die Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit der Kommission darauf hinwirken, die Lieferketten für bestimmte strategisch wichtige Waren und Dienstleistungen zu überwachen. Zudem sollen gezielt Reserven in diesen Bereichen aufgebaut werden.

Wenn der Notfallmodus aktiviert wird, soll versucht werden, die Freizügigkeit im Binnenmarkt aufrechtzuerhalten. Dies soll durch eine schwarze Liste verbotener Beschränkungen und einer verstärkten Überprüfung einseitiger Beschränkungen erwirkt werden. Des Weiteren kann die Kommission den Mitgliedstaaten auch empfehlen, die Verfügbarkeit krisenrelevanter Waren zum Beispiel durch den Ausbau oder die Umwirkung von Produktionslinien oder durch ein beschleunigtes Genehmigungsverfahren sicherzustellen. Zu Letzterem kann die Kommission den Mitgliedstaaten auch empfehlen, dass sie ihre strategischen Reserven gezielt verteilen, um so den Bedarf zu decken.

Wenn der Notfallmodus aktiviert ist, kann die Kommission gezielte Auskunftsersuche an die Wirtschaftsteilnehmer richten, die zur Beantwortung verpflichtet werden können. Ferner könnte sie die Wirtschaftsteilnehmer dazu auch auffordern, die Bestellungen für krisenrelevante Produkte vorrangig anzunehmen. In diesem Fall müssen die Wirtschaftsteilnehmer den Aufforderungen der Kommission folgen, mit Ausnahme, dass sie rechtfertigende schwerwiegende Gründe vorbringen.

Durch Letzteres können Produkte durch eine schnellere Prüfung und Zulassung im Rahmen der Konformitätsbewertung schneller in den Verkehr gebracht werden. Diese Vorschriften sind in einem zu der SMEI-Verordnung gesonderten Vorschlag festgehalten.

Wie geht es weiter?

Der Vorschlag der EU-Kommission zu dem Notfallinstrument SMEI für das Binnenland wird nun von dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union erörtert. Sollten diese gesetzgebenden Organe den Verordnungen zustimmen, so treten diese am zwanzigsten Tag nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

MSP

Mithilfe des SMEI sollen künftig Krisensituationen für den Binnenmarkt strukturell gelöst werden. Abhängig von der jeweiligen Situation, können von der Europäischen Kommission sodann Maßnahmen ergriffen oder vorgeschlagen werden, um die Freizügigkeit des Binnenmarktes sicherzustellen. Wissen Sie, ob Ihr Unternehmen von den Maßnahmen des SMEI betroffen sein wird und welche Maßnahmen Sie dann ergreifen müssen? Mehr dazu erfahren Sie und Ihre Mitarbeiter von den Experten der Hamburger Zollakademie:

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