Zoll: EU und Neuseeland legen das erste grüne Handelsabkommen vor
Die Europäische Union und Neuseeland haben am 30. Juni 2022 ihre Verhandlungen über ein gemeinsames grünes Handelsabkommen nach über vier Jahren abgeschlossen. Beide Seiten haben sich auf ehrgeizige Verpflichtungen im Bereich Handel und nachhaltige Entwicklung geeinigt, die ein breites Themenspektrum abdecken und auf Zusammenarbeit und einer verstärkten Durchsetzung basieren. Festzuhalten ist ein noch nie da gewesener Ehrgeiz bei den Nachhaltigkeitsverpflichtungen in einem Handelsabkommen.
Verhandlungen für ein grünes Handelsabkommen zwischen der EU und Neuseeland abgeschlossen
Ziel dieser neuen Generation von Handelsabkommen ist es, für Unternehmen, Landwirte und Verbraucher auf europäischer und neuseeländischer Seite nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu ermöglichen und zu fördern.
Ehrgeizig: Wirtschaftliche Ziele im Bereich Handel
Das Abkommen bietet für Unternehmer und Verbraucher neue beträchtliche wirtschaftliche Chancen – hin zu mehr Partizipation und dadurch zu mehr wirtschaftlichem Wachstum.
So soll das Abkommen dazu beitragen, dass der bilaterale Handel um bis zu 30% anwachsen kann, während sich die jährlichen EU-Ausfuhren um bis zu 4,5 Milliarden Euro erhöhen können. Die EU-Investitionen in Neuseeland – als wichtiger Partner der EU im indopazifischen Raum - könnten um bis zu 80 % ansteigen. Dieses Abkommen kann Unternehmen in der EU ab dem ersten Jahr der Anwendung einen Zollabbau in Höhe von jährlich etwa 140 Millionen Euro bringen.
Die neuen Regelungen zu den Ausfuhrmöglichkeiten für kleine und große Unternehmen sollen den Weg zu diesen Zielen frei machen: Zum Beispiel werden alle Zölle auf EU-Ausfuhren nach Neuseeland abgeschafft, der neuseeländische Dienstleistungsmarkt soll geöffnet werden und die Teilnahme von EU-Unternehmen an neuseeländischen öffentlichen Ausschreibungen soll erleichtert werden.
Das Handelsabkommen unterstützt direkt auch die EU-Landwirte, die jetzt von besseren Möglichkeiten profitieren können, um ihre Erzeugnisse in Neuseeland zu verkaufen. Hier kommt es nämlich auch zu erheblichen Zollsenkungen:
Wirtschaftlich: Vorteile für die Agrar- und Ernährungswirtschaft der EU
„EU-Ausfuhren ankurbeln, für die EU sensible Bereiche abschirmen“: Die EU-Landwirte werden unmittelbar ab der Anwendung des grünen Handelsabkommens deutlich verbesserte Möglichkeiten haben, ihre Erzeugnisse in Neuseeland zu verkaufen. Zölle auf wichtige EU-Ausfuhren wie Schweinefleisch, Wein und Schaumwein, Schokolade, Zuckerwaren und Kekse werden ab dem ersten Tag abgeschafft sein.
Auch werden die EU-Landwirte neben den Zollabsenkungen noch viele weitere Verbesserungen spüren wie beispielsweise den Schutz vollständiger Listen und bestimmter Produkte: Das grüne Handelsabkommen wird die vollständige Liste der Weine und Spirituosen aus der EU schützen (beinahe 2000 Namen), wie Prosecco, Polska Wódka, Rioja, Champagne und Tokaji. Ferner werden 163 der renommiertesten traditionellen Erzeugnisse aus der EU (geografische Angaben) – darunter Käsesorten wie Asiago, Feta, Comté oder Queso Manchego, Istarski pršut, Lübecker Marzipan, Elia Kalamatas (Oliven) – in Neuseeland geschützt werden.
Beispiellos: Nachhaltigkeitsverpflichtungen in einem Handelsabkommen
Die beiden Parteien des grünen Handelsabkommens haben sich gegenseitig neben den wirtschaftlichen Zielen auch erhebliche und bislang beispiellose eigene Pflichten in Bezug auf die Nachhaltigkeit auferlegt:
Neben den eigenen Nachhaltigkeitsverpflichtungen soll auch das Übereinkommen von Paris* Berücksichtigung finden. (*=Das „Übereinkommen von Paris“ ist ein völkerrechtlicher Vertrag, den 195 Vertragsparteien anlässlich der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen mit dem Ziel des Klimaschutzes in Nachfolge des Kyoto-Protokolls geschlossen hatten.) Ebenso haben beide Parteien auch gemeinsame, verpflichtende und grundlegende Arbeitnehmerrechte vereinbart.
Das Abkommen setzt in der Gesamtheit seiner Verpflichtungen auf Zusammenarbeit und verstärkte Durchsetzung. Man geht dabei so weit, dass sogar die Einhaltung der Verpflichtungen durch Handelssanktionen als letztes Mittel durchgesetzt werden kann.
Das Besondere an diesem grünen Handelsabkommen ist, dass es das erste Handelsabkommen einer neuen Generation ist, welches den neuen europäischen Ansatz zu Handel und nachhaltiger Entwicklung von vornherein integriert. Das bedeutet, dass auf der einen Seite wirtschaftliches Wachstum gefördert werden soll und auf der anderen Seite aber eben auch Nachhaltigkeitsverpflichtungen von entscheidender Bedeutung und höchst relevant sind.
Als weitere Besonderheit beinhaltet das neue Handelsabkommen auch ein eigenes Kapitel über nachhaltige Lebensmittelsysteme, einen eigenen Artikel über „Handel und Gleichstellung der Geschlechter“ und eine eigene Bestimmung über „Handel und die Reform der Subventionierung fossiler Brennstoffe“. Im Zuge seines Inkrafttretens werden daher auch umweltverträgliche Waren und Dienstleistungen durch das Abkommen liberalisiert.
Nächste Schritte
Nach dem Abschluss der Verhandlungen werden nun bald die ausgehandelten Entwürfe veröffentlicht. In formeller Hinsicht werden die Entwürfe sodann einer Rechtsförmlichkeitsprüfung unterzogen und in alle Amtssprachen der EU übersetzt, damit sie von der Europäischen Kommission dem Rat zur Unterzeichnung und zum Abschluss übermittelt werden können. Wenn der Europäische Rat das Abkommen angenommen hat, können die Europäische Union und Neuseeland unterschreiben. Nach diesem Vorgang wird noch das Europäische Parlament darüber abstimmen und dem Abkommen zustimmen können. Wenn auch Neuseeland das Abkommen ratifiziert haben wird, wird es alsbald in Kraft treten und damit seine Wirkung entfalten können.
msp/cb
Unsere Empfehlungen:
Das grüne Handelsabkommen soll Unternehmen und Verbrauchern auf beiden Seiten beträchtliche wirtschaftliche Chancen eröffnen. Das Abkommen wird nach Inkrafttreten zwischen der EU und Neuseeland sowohl wirtschaftliche Aspekte als auch beispiellos nachhaltige Verpflichtungen bis hin zu möglichen Handelssanktionen regeln. So eröffnet das Abkommen Unternehmen neue Ausfuhrmöglichkeiten, u.a. indem alle Zölle auf EU-Ausfuhren nach Neuseeland abgeschafft werden. Wissen Sie, ob Ihr Unternehmen künftig von Regelungen dieses Abkommens betroffen sein wird? Welche Maßnahmen müssen Sie wann ergreifen? Mehr dazu erfahren Sie und Ihre Mitarbeiter von den Experten der Hamburger Zollakademie: