09.09.2020

Umsatzsteuer: Vorsicht bei Abrechnung über Online-Versandhändler

Umsatzsteuer: Vorsicht bei Abrechnung über Online-Versandhändler

Am 11.10.2019 entschied das Finanzgericht Düsseldorf in der Rechtssache 1 K 2693/17 U, dass eine Vereinbarung mit einem Online-Versandhändler über die Abwicklung von Verkäufen und Durchführung der Abrechnungen inklusive Umsatzsteuer einen Fulfillment-Vertrag darstellt. Daraus folgt, dass nicht der Online-Versandhändler, sondern der Lieferant die deutsche Umsatzsteuer für die Lieferung an den deutschen Endverbraucher schuldet. Auch eine vorherige Zwischenlagerung in den Logistikzentren des Versandhändlers im In- oder Ausland ändert hieran nichts.

Bewertung des Vertrages und Art der Lieferung

Im Zentrum stand die Frage, wie ein Vertrag zur Abwicklung von Verkäufen zwischen einem Hersteller und einem Online-Versandhändler zu bewerten ist. Der Vertrag sah vor, dass der Versandhändler das Sortieren, Abpacken, Verpacken, Versenden und Abrechnen mit dem Endverbraucher übernimmt. Der Lieferant hat mit der Lieferung an die Logistikzentren des Versandhändlers keine Einflussmöglichkeiten mehr auf die Waren und keinen direkten Kontakt zum Kunden. Im vorliegenden Fall ist zudem wichtig, dass auf der Verkaufsplattform des Versandhändlers ausdrücklich angegeben wird, dass der Verkauf durch den Hersteller und nur der Versand durch den Versandhändler erfolgt.

Des Weiteren ging es um die Frage, wie die Lieferung an die Logistikzentren des Online-Versandhändlers in Deutschland oder einem anderen Mitgliedstaat rechtlich einzuordnen ist.

Händler ist voll verantwortlich

Zunächst hat das Gericht den Vertrag zwischen Lieferant und Versandhändler als Fulfillment-Vertrag eingeordnet. Der Versandhändler ist damit nur eine Plattform und wird nicht Teil des Kaufvertrages zwischen Lieferanten und Endverbraucher. Somit bleibt der Lieferant für die Umsatzsteuer verantwortlich und der Endverbraucher ist sein Leistungsempfänger im Sinne des Umsatzsteuerrechts.

Daraus folgt, dass, solange der Endverbraucher in Deutschland ist, die Lieferung oder sonstige Leistungen der deutschen Umsatzsteuer unterliegen, egal ob das Logistikzentrum in Deutschland (§1 Abs. 1, §3 Abs. 6 UStG) oder im EU-Ausland (§1 Abs. 1, §3c Abs. 1 S. 1 UStG) liegt.

Die Anlieferung an die Logistikzentren des Versandhändlers ist hierbei als eigenständige innergemeinschaftliche Verbringung im Sinne des §3 Abs. 1a UStG zu betrachten. Eine Ausnahme würde nur gelten, wenn die Einlagerung nur eine vorübergehende ist. Ob sie vorübergehend ist, bestimmt sich hierbei nicht nach der Zeit, sondern nach dem Zweck der Verwendung. Dies ergibt sich aus der Auslegung unter Berücksichtigung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie. Wird mit einer Rückführung in das Ursprungsland gerechnet, ist der Zweck nur vorübergehend. Bei der Lieferung an ein Versandzentrum soll die Sache jedoch potenziell in dem Land ausgeliefert werden, in dem das Logistikzentrum steht. Insofern liegt typischerweise keine vorübergehende Verwendung vor.

Das Verbringen in ein deutsches Logistikzentrum stellt insofern ein gemäß §6a UStG steuerbefreites innergemeinschaftliches Verbringen dar. Gleichzeitig liegt ein steuerpflichtiger innergemeinschaftlicher Erwerb im Sinne des §1a Abs. 1 UStG durch den Lieferanten vor, welcher sich jedoch mit einem gleichfalls entstehenden Vorsteuerabzugsrecht ausgleicht. Die Lieferung an das Logistikzentrum ist insofern im Ergebnis umsatzsteuerfrei.

Des Weiteren zeigt das Urteil, wie wichtig es ist, das Bestehen sowie die tatsächliche Durchführung von Verträgen mit Vertriebspartnern gut zu dokumentieren und die entsprechenden Unterlagen lange aufzubewahren. Selbiges gilt für Belege im Ausland bezahlter Steuern. Im vorliegenden Fall war es der Klägerin nicht möglich, alle erforderlichen Unterlagen beizubringen.

JM

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